Temple of Care / foster shell with stray gods
Was wäre nötig, um zwischenmenschliche Strukturen der Fürsorge von Grund auf neu zu denken, jenseits von politischen Niederlagen, irreversiblen Verlusten und der hyperindividualisierten kolonial-kapitalistischen Fürsorgeindustrie?
In den letzten Jahren ist die Politik der Fürsorge zu einer der zentralen Dialoge in vielen Kunst- und Community-Kreisen geworden, einschließlich eines wachsenden Interesses an „queeren Fürsorgepraktiken“ durch Tanz und Performance. Die COVID-19-Pandemie hat diese Diskussion und ihre Praktiken noch dringlicher gemacht. Vor dem Hintergrund des aktuellen Krieges in der Ukraine ist es uns wichtig zu fragen, was „queere Fürsorgepraktiken“ in Zeiten von Krieg und Krise bedeuten. Gibt es sie noch, wenn man mit den Grenzen der eigenen Menschlichkeit und der anderer konfrontiert wird? Wie können wir füreinander da sein und temporäre innere Schutzräume schaffen, wenn keine anderen zur Verfügung stehen? Können Praktiken und intuitives Wissen marginalisierter Minderheiten zur Bewältigung von Traumata eine breitere Bedeutung haben und als übertragbare Fähigkeiten der Solidarität weitergegeben werden?
Im Rahmen des Tanzkongresses bieten wir einen Raum für persönliche Begegnungen und schaffen eine lebendige Installation, die wir bewohnen und umgestalten, während wir die vielen verkörperten Ansätze der queeren Fürsorgepraktiken tiefer erforschen. Ein Experiment zur Schaffung eines temporären poetisch-diskursiven Containers lädt die Besucher:innen dazu ein, darüber nachzudenken und zu üben, wie wir füreinander da sind. Wir wollen uns an den rauen Rändern des Unbekannten entlang bewegen, in die Erfahrungen der Anderen eintauchen, im Auge des Sturms präsent bleiben und gemeinsam nach der Möglichkeit suchen, Tagträume vorsichtig in Richtung gemeinsamer Befreiung und kollektiver Heilung zu entwickeln.
Wir hoffen, dass dieser Raum und der dadurch ermöglichte Austausch uns einer gemeinsamen fürsorgerischer Arbeit sowie einer etwas lebenswerteren täglichen Realität für diejenigen näher bringen kann, die von tiefgreifenden Verlusten und Gewalt betroffen sind.
Diese Veranstaltung wurde aus dem Open Call in das Programm aufgenommen.
Credits:
Zusammenarbeit Bühne und Kostüm: Lucia Vonrhein, Marielle Sokoll
Mitwirkende Interviews: Anajara Amarante, esmat ahmadian, Ilias Gkionis aka GingerΈλα, Naikee, Tchivett
Assistenz Licht und Bühnenbild: Federico Longo
Vielen Dank an alle Freund*innen und Bekannte, die ihre Bettportraits zur Installation beigesteuert haben und an das Technikteam des Staatstheaters Mainz